Fenster im Mailänder Dom
Mailänder Dom (Ansicht auf dem Stadtplan)
Mit dem Bau des Mailänder Doms wurde im Jahr 1386 begonnen. Ursprünglich war eine große Kathedrale in Ziegel geplant. Unter Gian Galeazzo Visconti wurde jedoch beschlossen, in der reichen Stadt Mailand einen besonderen Prachtbau in wertvollem Marmor zu errichten.
An der Stelle des Doms waren 3 Gebäude: die Kirche S. Tecla, Santa Maria Maggiore und das Baptisterium S. Stefano alle Fonti.
Im Mailänder Dom herrscht die lombardische Gotik vor, d.h. eine subalpine Umsetzung des gotischen Stils. Für den Bau des Doms wurde nicht nur italienische Architekten und Künstler, sondern auch einige aus dem Norden verpflichtet.
Besonders groß und schön sind die Fenster des Doms, die durch den Lichteinfall eine Lebendigkeit ausstrahlen.
Einerseits stellen sie eine Huldigung an die Sonne dar, die die heilige Stätte in einem besonders schönen Licht erstrahlen lassen, andererseits erzählen die einzelnen handgemalten Bleiglasscheiben biblische und religiöse Geschichten. Dieses Mittel wurde zur Vermittlung von Wissen für die vorwiegend analphabetische Bevölkerung eingesetzt.
Die ältesten noch erhaltenen "originalen" Scheiben stammen aus der Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts. Zuerst wurde die Apsis des Doms mit Scheiben ausgestattet, nach und nach erfolgte die Ausschmückung der Kirchenschiffe.
Der Einsatz von handgemalten Fenstern fand im 15. und 16. Jahrhundert ihre größte Verbreitung. Mittels Bleifassung wurde die Fensterteile zu ganzen Fenstern zusammengesetzt.
Das Glas ist im Stück gefärbt, die Farben sind metallischen Ursprungs. Um Schattierungen zu erreichen, wurde "Grisaille" (Schwarzlot) sowie Silbergelb aufgebracht.
Die Erfahrung des Einsatzes von farbigen mundgeblasenen Scheiben mit Bleieinfassung kam aus Deutschland und Frankreich nach Italien, wo diese Kunst des Fensterbaus bis dahin nicht verbreitet war. Um Geld zu sparen, wurden anfangs die Maler selbst beauftragt, die Bleiglasscheiben nach ihren eigenen Vorlagen herzustellen. Schon bald nach dem Einbau der Fenster zersprangen diese, da die Erfahrungen der Glasbläser nicht in die Fertigung eingingen.
Einige der Scheiben haben die durch die Grisaille-Technik hergestellten Schattierungen verloren, da auch hier weitestgehend die Erfahrung fehlte sind viele diese Schattierungen von den Scheiben "abgefallen" und die Gesichter sind ohne Konturen verblieben.
Eine lange Geschichte umgibt die mundgeblasenen Scheiben des Doms Gezeichnet durch Kriege und Zerstörung sowie Wiederaufbau und Restauration, befinden sich die einzelnen Fensterteile nicht mehr an ihren ursprünglichen Plätzen.
Als Napoleon aus Anlass seines siegreichen Einzuges in Mailand Kanonensalven donnern ließ, fielen im Dom die Scheiben reihenweise aus den Rahmen.
Daraus hatte man gelernt und entfernte glücklicherweise im 1. und 2. Weltkrieg die wertvollen Fenster und konnte damit einer kompletten Zerstörung der Scheiben vorbeugen. Nach Kriegsende wurden die verbliebenen Scheiben wieder eingesetzt, jedoch in unterschiedlicher Anordnung. So sind nur noch wenige der Bildergeschichten erhalten geblieben.
Künstler verschiedener Epochen hinterließen auch an den Scheiben ihre Spuren. Während die Fenster aus dem 15. und 16. Jahrhundert noch echte mundgeblasene Glasscheiben sind mit Bleieinfassungen sind, wurden später handgemalte Fenster im Butzenstil mit Bleiverzierungen verwendet. Diese unterscheiden sich in Farbe und Lichtdurchlässigkeit.
Um ein Verziehen der Fensteröffnung über die Höhe von 15 bis über 23 m zu verhindern, wurden verzierte Verstrebungen in Marmor eingebaut, die in die Gestaltung der Scheiben einbezogen wurden.
Die einzelnen Fenster sind nach den Geschichten benannt:
Vom Eingang aus auf der rechten Seite des Kirchenschiffes beginnen wir mit einem dreiteiligen Fenster.
Der erste Zyklus stellt S. Giovanni Evangelista dar (entstanden 1473-1478), Auftraggeber war der Bund der Notare. Es wird die Geschichte des Schutzheiligen, u.a Patron der Notare, Johannes Evangelista erzählt.
Besonderheiten: gut erhaltener Zustand der echten Scheiben, teilweise ist das Schwarzlot herausgefallen, so dass die Konturen verschwunden sind. Teilweise wurden die Schattierungen während der Restaurierung durch Glasmalerei ersetzt.
Die Bildergeschichte wird von rechts unten nach oben "gelesen".
Das 2. und 3 Fenster sind unvollständig.
Einiger der Bleiglasfenster wurden nach der Zerstörung aus verschiedenen Teilen von Glasscheiben zusammengesetzt, so dass diese keinen zusammenhängenden Inhalt mehr ergeben.
Das 2. Fenster zeigt Teile des Alten Testaments. Links unten sind Adam und Eva dargestellt. Darüber 2 Figuren mit einer Weintraube. Ganz rechts unten ist Noah zu sehen. Das Bild steht im Zusammenhang mit der Traube und zeigt den betrunkenen Noah.
Im 3. Fenster links unten ist die Arche Noah zu sehen.
Im 4. Fenster ist das weiter das Alte Testament beschrieben. Im Zentrum ist Stadt Betulia dagestellt, die durch die biblische Heldin Giuditta gerettet wurde, indem sie Oloferne enthauptete.
Das 5. Fenster enthält die Darstellung des Neuen Testaments und ist eines der wenigen aus dem 15. Jahrhundert erhalten gebliebenen. Auf dem unteren mittleren Bild ist die schwangere Maria mit der Verkündigung der Geburt und links in der 2. Reihe die Geburt Jesus zu sehen. Der Zyklus endet mit der Darstellung der Kreuzigung Jesus.
Während die Bleiglasfenster insgesamt gut erhalten sind, ist auch hier das Fehlen Schwarzlot zu vermerken.
Das 6. Fenster entstand 1480-86 und ist S.Eligio, dem Schutzpatron der Goldschmiede gewidmet. Der Bilderzyklus zeigt das Leben S.Eligio von der Geburt (rechts unten) über die Gründung eines Klosters bis zum Wunder der Heilung eines Pferdes.
Die 3 großen Fenster in der Apsis des Doms zeigen das Alte und das Neue Testament und das mittlere Fenster die Apokalypse.
Die jetzigen Scheiben stammen aus dem 19. Jahrhundert und sind gegenüber denen des 15. Jahrhunderts weniger lichtdurchlässig und farblich anders. Es handelt sich um keine echten Bleiglasscheiben nach dem traditionellen Verfahren, das inzwischen aus der Mode gekommen war. Nunmehr wurde mit Lackfarbe auf Glas gemalt, wodurch feinere Details dargestellt werden konnten. Die Bleiumfassung diente lediglich der Trennung der Farben und damit dekorativen Zwecken.